Offener Brief an Wolfgang Bosbach, MdB

Sehr geehrter Herr Bosbach,
Erlauben Sie einem „alten“ CDU Mitglied (1963), das Adenauer, Erhard und viele Andere persönlich getroffen hat, eine öffentliche Belehrung Ihrer offensichtlichen Unwissenheit zum Thema Euro.
Angela Merkel hat unter dem Gelächter der Opposition, etwas Entscheidendes gesagt: Scheitert der Euro, scheitert Europa,
Sie kennt offensichtlich unsere Geschichte besser als Sie und Derjenigen, die diesen Ausspruch auch heute noch verhöhnen.
Unter wikipedia.org/wiki/Euro
können Sie alles nachlesen, wenn Sie nicht das Bundesarchiv benutzen wollen.
Hier einige Auszüge zum besseren Verständnis meiner Kritik:
„Erste konkrete Pläne entstanden bald nach der Unterzeichnung der Römischen Verträge und der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), mit der 1957 der schrittweise Aufbau eines europäischen gemeinsamen Marktes beschlossen wurde. 1962 stellte die EWG-Kommission unter Walter Hallstein erste Vorschläge zur Errichtung einer Währungsunion vor. 1964 wurde der „Ausschuss der Präsidenten der Zentralbanken der Mitgliedstaaten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft“ (Gouverneursausschuss) gegründet, in dem die Geld- und Währungspolitik der EWG-Mitgliedstaaten aufeinander abgestimmt werden sollte.“
„ Auf dem Gipfel von Den Haag 1969 beauftragten die Staats- und Regierungschefs der EWG-Mitgliedstaaten schließlich eine Kommission unter Leitung des luxemburgischen Premierministers Pierre Werner mit der Ausarbeitung eines Plans für die Wirtschafts- und Währungsunion. Dieser Werner-Plan versuchte durch ein Drei-Stufen-Modell insbesondere die Gegensätze zwischen Monetaristen und Ökonomisten zu überwinden. In der letzten Stufe sollte die Währungspolitik einem gemeinschaftlichen Zentralbanksystem, die Wirtschaftspolitik einem dem Europäischen Parlament unterstellten Gremium unterliegen. Der genaue Zeitplan der Stufenfolge blieb jedoch offen.“
Für die einzelnen nationalen Währungen wurden Leitkurse zum ECU festgelegt, um die sie nur bis zu maximal ± 2,25 % schwanken durften.“
1989 fiel die Mauer und es gab plötzlich die Möglichkeit der „Deutschen Wiedervereinigung“.
François Mitterrand (1916–1996) machte die beschleunigte Einführung einer gemeinsamen Währung, ohne die im Werner Plan vorgesehenen Voraussetzungen nun zur Bedingung für seine Zustimmung zur deutschen Wiedervereinigung, um die Angst seiner Landsleute vor dem vereinten Deutschland zu beruhigen.
Ursprünglich sah der Werner Plan vor, den Euro erst dann einzuführen, wenn eine Union mit gemeinsamer Wirtschafts- und Sozialpolitik entstanden war.
Helmut Kohl, sowie auch die Mehrheit unserer Brüder und Schwestern in der DDR und wohl auch die Mehrheit der Bundesbürger,wollte die schnelle Vereinigung und stimmte der Forderung von Mitterand zu, obwohl seine Fachleute in den zuständigen Ministerien ihn warnten.
Erschwerend kam dazu, dass die Finanzleute alle Hemmungen abwarfen und voll dem siegreichen Kapitalismus frönten.
Ich selbst habe 1991 von einer sehr engen Mitterand Vertrauten und von französischen Beamten, Anwälten die Einzelheiten dieser Sache erfahren und wollte meinen Ohren nicht glauben.
Die Angst der Franzosen und Anderer vor einem zu starken Deutschland war schon 1990 für mich ein Rätsel, da alles was wir mit der DDR machten, war Amateurarbeit ohne Plan. Wir haben damals alles falsch gemacht, was man falsch machen konnte. Man wollte der Welt zeigen, was wir drauf hatten und haben das Gegenteil erreicht. Wir haben lediglich „platt“ gemacht, ohne Plan, aber mit einem Ziel, wir zeigen den Roten Socken wo der Hammer hängt.
Helmut Kohl versprach den Bürgern der DDR blühende Landschaften versprochen und „verbrannte Erde“ ist es geworden.
Man verabredete nun die 3 % und 60% Kriterien, die aber schon 2003 auch von uns nicht eingehalten wurden und die Dinge nahmen ihren Lauf.
Lieber Herr Bosbach, Sie sind erst 2002 in den Bundestag gekommen und haben als Mitglied des „Berliner Kreises“ sicherlich nicht Freude empfunden, als Angela Merkel die Führung in der CDU übernahm.
Es ist aber unredliche, wenn Sie Ihren Wählern und der gesamten Bevölkerung sagen, dass der Weg, den Angela Merkel aus Einsicht gehen muss, da ja Helmut Kohl die Suppe versalzen hatte, ein falscher Weg sei, den Sie nicht mitgehen wollen. Damit stellen Sie sich gegen die gewonnene Wiedervereinigung und sollte sich nicht mehr aufstellen lassen.
Angela Merkel hat aber die Gedanken und Hoffnungen der europäischen Nachkriegspolitiker Konrad Adenauer, Joseph Bech, Johan Willem Beyen ,Winston Churchill, Alcide de Gasperi, Walter Hallstein, Sicco Mansholt, Jean Monnet, Robert Schuman ,Paul-Henri Spaak, Altiero Spinelli, Erich Ollenhauer und vieler Anderer in Erinnerung, sowie die Einsicht, dass nur ein gemeinsames Europa in dieser globalisierten Welt bestehen kann.
Wenn Sie Ihren Wählern im Bezug auf den Euro etwas versprochen haben, was jetzt geändert wurde, sollten Sie denen heute sagen, dass Sie damals keine Ahnung hatten, um was es damals ging, da Sie ja nicht beteiligt waren.
Das, was Sie kritisieren, sind lediglich Hilfswege, um einen richtigen Weg zu finden. Der richtige Weg kann aber nur sein, dass alle einsehen, dass der Werner Plan der richtige war und Europa eine einheitliche Wirtschaftspolitik und Sozialpolitik braucht. Um das zu verwirklichen müssen wir eine ganz neue EU, eine neue Wirtschaftspolitik, eine neue Sozialpolitik gemeinsam erfinden.
Ich schließe mein Schreiben an Sie mit den Worten von Mephistopheles und hoffe, dass sie nicht auf Sie zutreffen:
„Daran erkenn‘ ich den gelehrten Herrn! Was ihr nicht tastet, steht euch meilenfern, Was ihr nicht faßt, das fehlt euch ganz und gar, Was ihr nicht rechnet, glaubt ihr, sei nicht wahr, Was ihr nicht wägt, hat für euch kein Gewicht, Was ihr nicht münzt, das, meint ihr, gelte nicht.“
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Franz W.Winterberg

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